Ich hatte in Singapur nur eine Woche zur Verfügung, die ich zumeist damit nutzte, vom Hotel zum Konsulat hin und herzupendeln um Formalitäten zu erledigen. Aber dies ist eine andere Geschichte, die ich nicht näher erläutern möchte. Es war Sonntag, alle offiziellen Stellen waren geschlossen, die Geschäfte aber hatten geöffnet. Weil ich ein Liebhaber von asiatischer Küche bin, suchte ich eine Straße mit zahlreichen Restaurants. Ich konnte wählen zwischen der heimischen Küche oder kantonesisch, malaiisch, thailändisch, vietnamesisch, ja sogar japanisch. Es gab vornehme und teure Restaurants, aber auch sogenannte Garküchen (bei uns würde man vielleicht sagen ‚Würstelbude‘), das sind offene Küchen auf der Straße, bei denen hervorragende unverfälschte asiatische Cuisine angeboten wird. In erster Linie finden exotische Gewürze Verwendung, dafür aber wenig Salz. Das bei uns in Chinarestaurants übliche Glutamat sucht man vergebens. Die Speisen  sind aromatisch und selbst für empfindliche Mägen bekömmlich. Wer schon einmal in Südostasien war, wird wissen, dass man sich normalerweise, aus hygienischen Gründen, Garküchen gut aussuchen muss. Nicht so in Singapur. Singapur ist die sauberste Stadt die ich je gesehen habe. Es gibt strenge Gesetze, die sich auch auf den Lebensmittelmärkten und die –zubereitung niederschlagen. In den Garküchen werden mit Wegwerfhandschuhen die Zutaten geschnitten, wie überhaupt Sauberkeit in der Küche die oberste Prämisse ist. Weil die Reise bisher sehr stressig war, wollte ich mich, sozusagen als Ausgleich, den Genüssen Asiens hingeben. Zuerst schlemmerte ich Sushi beim Japaner, dann eine Wantansuppe beim Chinesen, genoss anschließend noch mein Lieblingsgericht, ein rotes Curry beim Thailänder und zum Drüberstreuen ein paar Jalebi (Süßigkeit) beim Inder. Weil ich anschließend merkte, dass man doch nicht so viel durcheinander essen sollte, brauchte ich noch einen doppelten Whisky. Nachmittags und am frühen Abend bewunderte ich bei einem ausgedehnten Spaziergang den botanischen Garten und die Bayfront in Downtown. Besonders der botanische Garten mit seinen pilzförmigen in der Nacht wunderbar angestrahlten Trichterskulpturen hatte es mir angetan. Ach ja, und wenn ich schon mal hier war, mit dem Singapur-Flyer (das berühmte Riesenrad - jeder Formel 1-Fan kennt es vom Fernsehen) hab ich auch noch eine Runde gedreht. Um elf Uhr abends machte ich mich auf den Weg zum etwa fünf Kilometer entfernten Hotel. Nicht mit dem Taxi, sondern zu Fuß – ist doch ein Klax. Dabei kam ich auch am Football-Stadion vorbei, von dessen Plattform sich ein gigantischer Blick auf die nächtliche Skyline präsentierte. Noch vor Beginn der Reise hatte ich mir die kleine Sony Alpha 6000 als 'Immerdabeiknipse' gekauft. Schnell stellte ich fest, dass das kleine Ding ein vollwertiger Fotoapparat war, der selbst professionellen Ansprüchen genügte. Beim Anblick dieses Motivs zückte ich also den Hosentaschenknirps, stellte ihn auf manuell und schoss das Panorama mit der Panoramaautomatik. Ich dachte mir noch „… so ein Elektronikschmarrn“ und machte zusätzlich ein Panorama aus drei Teilbildern, die ich am Computer zusammenfügen wollte. Die Bilder zu Hause betrachtet, war ich über alle Maßen erstaunt, welche Qualität dieser fotografische Dreikäsehoch lieferte. Der Kauf dieser Kamera war ein Volltreffer. Übrigens die drei Teilbilder habe ich verworfen, das Panorama der Automatikfunktion habe ich verwendet. Das kleine Ding kann sogar noch filmen und das mit 60 Bilder pro Sekunde im Full-HD-Modus, also eine echte Alternative zu meiner großen Sony VG 10 Videokamera. Ich glaub´ ich bin verliebt.
Der heurige Winter dauerte ja bislang – zumindest in den Tälern und im Flachland - lediglich zwei Wochen. Vierzehn Tage in denen Schnee lag, in denen man dem Wintersport frönen oder auf Motivjagd gehen konnte. Wollte man mehr, mussten die Berge erstürmt werden.
Eigentlich bin ich stolzer Besitzer eines professionellen Kameraequipments. Das ist auch notwendig, will ich für hochwertige Multivisionen und E-Bildbände arbeiten. Aber was nützt die beste Ausrüstung, wenn man sie braucht und sie ist nicht mit dabei. In den frühen Morgenstunden – irgendwann Mitte Jänner -  fahre ich mit dem Auto nach Bad Aussee. Von Bad Goisern kommend, muss ich dabei den Pötschenpass überqueren, um in das steirische Salzkammergut zu gelangen. Die Passhöhe liegt immerhin auf 993 Meter und weil´s in den Vortagen heftig geschneit hatte, liegt die Berglandschaft unter einer dicken Schneedecke. Die Sonne versteckt sich noch unter dem Horizont, aber ihre ersten Strahlen kitzeln bereits die leichten Federwölkchen am ansonsten fahlblauen Himmel. Bald würden sie die Gegend in eine kitschige weiße ‚Frau Holle-Landschaft made in Hollywood‘ verwandeln. Ich habe in Bad Aussee einen Termin zu wahren, außerdem ist die Straße spiegelglatt, sodass ich der Umgebung wenig Aufmerksamkeit schenken kann. Auf dem Rückweg steht die Sonne bereits hoch am Horizont, soweit man in den Wintermonaten von hoch sprechen kann. Trotzdem blinzelt sie mir in die Frontscheibe, hin und wieder verdunkelt von Fichten oder dem steil aufragenden Sarstein. Mist …, hätte ich jetzt bloß eine Kamera dabei. Für einen Fotografen kann eine solche Situation echt frustrierend sein. Da fällt mir ein …. ich habe mir ja erst im Oktober ein neues Handy gekauft, das Alte war wegen Demenz eingegangen – es konnte sich keine Nummern mehr merken und löschte alleweil ungewollt den Speicher. Also suche ich schnell eine Ausweiche, stelle den Motor ab, greife nach meinen mobilen Telefonapparat Marke ‚Sony Xperia Z5‘ und eile schnellen Schrittes dem Fotostandpunkt entgegen, den ich kurz vorher aus dem Auto ausgemacht hatte. Dass ich dabei auf der spiegelglatten Straße ausrutsche und es mich sehr unsanft auf den Allerwertesten setzt, möchte ich hier nicht erwähnen. Genauso soll unerwähnt bleiben, dass mir der blaue Fleck in den nächsten Tagen leichte Probleme beim Sitzen beschert. Ich zücke also mein Handy, aktiviere den Fotomodus und …. kenne mich überhaupt nicht aus! Bisher hatte ich das Ding nämlich nur zum Telefonieren und Surfen benutzt. Der Schande ausweichend, rede ich mir ein: „… du bist immerhin Fotograf und kein Handyknipser“. Letztendlich habe ich den Bogen raus, ich brauche nur den roten Punkt berühren – das ist jener Auslöser den sogar Schimpansen finden, könnten sie fotografieren – es macht ein elektronisches ‚klick‘ und schon ist der Pötschenpass im Kasten. Erstaunt bin ich über das große und extrem hoch auflösende Display, das würde ich mir sogar bei meiner Profi-DSLR auch wünschen. Zu Hause am Computer entkommt mir ein verblüfftes ‚upps‘, danach ein ‚ooh‘ und schließlich ein ‚wauh‘. Das habe ich nun nicht erwartet. Scharf und brillant steht das Digi-Bild auf meinem Eizo-Bildschirm. Nur noch ein bisschen nachbearbeiten und das Ergebnis ist perfekt. Seitdem quält mich allerdings die Frage, ‚was soll ich jetzt tun???‘ Kameraausrüstung verkaufen? Stative zum Schrotthändler geben und auf Handyknipse umsteigen? Schließlich aber komme ich zum Entschluss: „Neee, ich bin doch kein Japaner!!!“
Ein Panorama, das kein Panorama ist! Äh, wie ist das denn zu verstehen? … Später etwas mehr dazu, aber zuerst zum Werdegang des Bildes. Meine Frau, mein Sohn und meine Wenigkeit haben beschlossen, den Urlaub 2014 in Holland zu verbringen. Das heißt, meine Frau und mein Sohn haben beschlossen und ich durfte fahren. Aber das war in Ordnung so. Ich hatte mir im damaligen Jahr schon einige Fotoreisen gestattet und so durften sie bei dieser Reise bestimmen wo´s langgeht. Zuerst machten wir ein paar Tage Amsterdam unsicher. Mein Versuch einen weiten Bogen um die Coffeeshops herum zu jonglieren, weil mein Sohn damals erst vierzehn war, stellte sich als hoffnungsloses Unterfangen heraus. Wollten wir die altehrwürdigen Bauwerke, die engen Gassen und die lockere Stimmung genießen, waren wir gezwungen auf Teufel komm raus mitzuhaschen. Ich bin sicherlich ein liberaler Mensch, und meinetwegen kann sich jemand – wenn er will – vollkiffen, bis das er denkt, er sei selbst eine Hanfstaude. Aber, dass es von den Coffeeshops bis auf die Gasse rausstinkt, und man alle hundert Meter von einer süßlichen Duftwolke einbalsamiert wird, ging mir mit der Zeit schon auf den Wecker. Meinetwegen alle Kiffer auf in die Coffeeshops, aber bitte macht die Türe zu, da draußen gehen nämlich auch Kinder spazieren. Na gut, jedenfalls gelangten wir allabendlich immer leicht angenebelt ins Hotel. Trotzdem, Amsterdam ist eine tolle Stadt mit viel Historie und allemal eine Reise wert. Wir haben den Aufenthalt sehr genossen. Dann verbrachten wir noch ein paar Tage in Friesland am Meer, bevor wir nach Kinderdijk weiterfuhren. Kinderdijk ist eine parkähnliche Anlage, die allerdings natürlichen und nicht künstlichen Ursprunges ist und in der sich dutzende alte Windmühlen, allesamt liebevoll restauriert und gepflegt, quasi als Fotomotive geradezu anbieten. Hier also haben sie gesessen, ein Jacob van Ruisdael, ein Meindert Hobbema oder ein Rembrandt van Rijn und haben ihre Ansichten in unvergleichlichen Gemälden auf die Leinwand gebracht. Ich wollte es ihnen gleichtun, wobei sie zwar um ein Vielfaches besser waren, ich aber dafür um ein Vielfaches schneller. Also machte ich das Foto, das keine Panoramaaufnahme ist, sondern ein ganz normaler 24x36 mm Shot im Seitenverhältnis 3:2. Wie kam dann das Panorama zustande? Nun Profis und betuchte Amateure wird es natürlich sofort auffallen. Ich hab das Bild in Photoshop geladen, die linke Seite bis zum Windmühlenflügel kopiert und in einer neuen Ebene abgelegt. Dann wurde die Kopie horizontal gespiegelt und mit der unteren Ebene in fummeliger Arbeit passgenau zusammengefügt. Beide Ebenen wurden dann zur Hintergrundebene reduziert, das Seitenverhältnis von 3:1 beschnitten und das Bild nachbearbeitet (Gradationskurve korrigiert, Flecken ausgebessert, usw). Jetzt kam die Sisyphusarbeit mit Korrekturpinsel und Stempel. Allzu auffällige Gleichheiten beiderseits des „Schnittes“ mussten bearbeitet oder entfernt werden. Letztendlich kam ein Panorama zustande, bei dem erst auf den zweiten Blick auffällt, dass es eigentlich gar keines ist. Aber genauso werden wir tagtäglich, mittels geeigneter Computerprogramme, von den Medien und der Werbebranche manipuliert. Und dass – speziell in der Kosmetikbranche - bestenfalls so gut, dass wir es gar nicht merken. Ich bin sicher: hätte ich mir noch drei, vier Stunden mehr Zeit genommen, ich hätte das Pseudopanorama so hingekriegt, dass es selbst einem Profi schwer gefallen wäre, es als solches zu erkennen. Nun, zu allerletzt haben wir noch ein paar Tage in Köln verbracht, weil mein Sohn die Gamescom und meine Frau den Dom besuchen wollten, haben bei Starbucks die Aussicht auf das alte und imposante Bauwerk bei einem Cappuccino genossen, am Abend dann ein oder zwei Kölsch getrunken, bevor es dann wieder auf einer langen Fahrt nach Hause ging. Also erst am nächsten Tag, nicht nachdem wir die Kölsch getrunken hatten.
Es liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich kehrte gerade von einer Thailandreise heim und bereits drei Tage später führte mich der nächste Trip auf die grüne Insel Irland. Welch ein Unterschied, welch ein Kontrast zwischen hie und da. Dort grelle, beinahe schreiende Farben, hier grüne, gelbe und goldfarbene beinahe pastellene Töne. Dort das geschäftige ruhelose Treiben gefüllt mit Autohupen, Verkehrslärm in den Städten und abseits gelegenem Schweigen in Tempelanlagen, hier die Stille weiter Landschaften gefüllt mit den Mysterien von Legenden und dem Zauber einer eigenen Atmosphäre. Dieser Unterschied war für mich fotografisch nicht leicht zu verarbeiten. Ich schimpfte: „Mir fehlt das Licht, ich habe keine Kontraste, das werden keine guten Fotos.“ Fotografen sehen anders, als andere Menschen, sie sehen in Bildern und Szenen. Sie sehen deswegen nicht mehr als Nichtfotografen, aber in einigen Bereichen wesentlich intensiver. Erst der Anstoß meiner nicht fotografierenden Frau wies mich darauf hin: „Hör auf zu meckern. Du hast noch die grellen Farben Südostasiens im Kopf. Blende sie aus und sieh genauer hin. Hier ist alles anders. Entdecke das sanfte Streiflicht, die bescheidenen oft auf einen Ton aber dafür in unzähligen Nuancen darliegenden Kolorierungen. Vergiss den hohen Kontrast Thailands, helle die Schatten auf, das muss sich doch fotografisch umsetzen lassen.“ Sie hatte Recht. Aus oben genannten Gründen brauchen Fotografen manchmal doch etwas länger zum „Umschalten“. Ich versuchte nun anders zu sehen und jetzt erkannte ich es. Es gab keine scharfen Grenzlinien zwischen den Farben, sondern ein Ineinanderfließen. Es gab nicht ein Grün, es gab tausende Grüns, tausende Gelbs, abertausende Brauns. Ja schon der winzige Farbtupfer einer roten Blüte erregte Aufmerksamkeit zwischen diesen tausenden Grüns. Es gab nicht eine unglaublich grelle Lichtquelle, welche die Landschaft mit ihren Strahlen überschüttete. Es gab die Sonne, die manchmal hinter Wolken verborgen lag, sich kurz darauf wieder zeigte und die Gegend in sanftes Licht tauchte. Mit ihren Fingern wischte sie über die Fluren und bestrahlte sie, hie und da. Genauso war es bei dieser Aufnahme. Wir fuhren mit dem Leihwagen durch den Südwesten Irlands und wollten zu den Steilküsten des Westens. Der Himmel war mit dunklen Wolkeninseln bestückt, dazwischen lag das Meer von Himmelsblau. Immer wenn die Sonne, sozusagen den Strand einer Wolkeninsel erreichte, beleuchtete sie ein Stück Erde, um dann hinter der nächsten Wolkeninsel wieder zu verschwinden. An diesem Tag ein endloses Spiel wie es schien. Für einen Fotografen ein Segen, füllte er sich doch mit hunderten Motiven. Wir befanden uns auf einer Anhöhe. Schnell stellte ich das Gitzo-Stativ auf, bestückte die Kamera mit einem 200er und setzte sie auf den Kugelkopf. Ich sah den Lichtpunkt wandern und brauchte nur abzuwarten. Den Belichtungsmesser schaltete ich auf Spotbelichtung. Jetzt streifte der Schein eine Farm mit Dutzenden Schafen. Kleine weiße Punkte im gelblichen Grün der Weide. Die Spotmessung belichtete exakt auf den erleuchteten Landschaftsteil, während das Umland in dezente Dunkelheit gelegt wurde. Kein Wettbewerbsbild, aber eine schöne Aufnahme.
Das diesmonatige Panorama zeigt Glamis Castle, eines der zahlreichen Märchenschlösser in Schottland. Ein Foto, ohne jeden Schwierigkeitsgrad möchte man meinen. Die Helligkeitswerte sind gleichmäßig im Bildfeld verteilt, der interne Belichtungsmesser bringt damit ein perfektes Ergebnis, eine Bildbearbeitung am Computer ist demzufolge kaum notwendig. Vielleicht da ein bisschen aufhellen, dort ein wenig abdunkeln. Wenn man gar nichts machen würde, wär´s auch gut. Trotzdem fordert die Aufnahme viel Geduld. Ich persönlich liebe große Parkflächen mit gepflegtem Rasen, mächtigen Bäumen und ausladendem Gebüsch. Immer wenn ich in große Städte komme, in denen es bekannte Parkanlagen gibt, statte ich ihnen einen Besuch ab. Ganz besonders liebe ich den Hagley-Park in Christchurch und den Botanischen Garten in Singapur. Aber auch der Kirstenbosch National Botanical Garden in Kapstadt oder der Golden Gate Park in San Francisco haben es mir angetan. Überall wo es solche Parkanlagen gibt, schlendern viele Leute entlang der Spazierwege oder über die Rasenflächen. Es erfordert viel Geduld um zu einer Aufnahme ohne Menschen zu kommen. Allerdings gibt durchaus Situationen, in denen Menschen gewollt sind. „Leute und Parks“, ein fotografisches Thema für sich, das mich vielleicht ein andermal reizt. Hier wollte ich mehr den mystischen Hauch der Historie darstellen.
Wie so manch anderes Schloss, rühmt sich Glamis Castle, der historische Schauplatz, der Ermordung König Duncans durch Macbeth gewesen zu sein. Königinmutter Elizabeth verbrachte hier ihre Kindheit und Prinzessin Margaret wurde in Glamis Castle geboren. Die ältesten Gebäudeteile stammen aus dem 11. Jhd. Das heutige romantische Erscheinungsbild mit kleinen Türmchen, Erkern und Zinnen im Baronialstil übt einen ganz besonderen Reiz, nicht nur auf Fotografen aus. Während die Kamera auf dem Stativ montiert, des auslösenden Druckes harrt und ich auf den richtigen Moment dafür warte, betrachte ich nicht nur das Schloss und den Park, sondern auch die Menschen. Damals wie heute wandeln die weiblichen Schönheiten durch die Grünanlagen, früher in adretten, kunstvoll fließenden und kostbaren Kleidern, heute in nicht weniger adretten Miniröckchen, wobei das Adrette wohl weniger auf den Stoff bezogen ist. Ihre männlichen Begleiter umgarnen sie, ehemals wie derzeitig. Der Fotograf oder der Maler, der Dichter, der Architekt oder einfach nur der Lebenskünstler kann hier seine schöpferischen oder auch anderen Fantasien schweifen lassen. Wie auch immer. Letztendlich komme ich zu meinem Panorama, so wie ich es mir vorgestellt habe. Mit altehrwürdigen Bäumen, einer sattgrünen Rasenfläche, einem romantischen Märchenschloss und über allem schwebend mit dunklen Wolken, die Geschichte der letzten Jahrhunderte symbolisierend.
Dieses Bild entstand irgendwo am Ufer eines Sees in Finnland, dessen Namen ich nicht kenne. Damals, es liegen schon einige Jahre zurück, befand ich mich auf dem Weg von Helsinki im Süden, hinauf zum Inarisee im äußersten Norden. Um der in Finnland berühmt berüchtigten Mückenplage zu entgehen, startete ich meine Tour bereits im Juni. Zu dieser Jahreszeit sind die Mückenlarven noch nicht geschlüpft, sodass ich von den Plagegeistern einigermaßen verschont blieb. Wer die Weiten Finnlands kennt, der weiß auch, dass oft stunden-, manchmal sogar tagelange Autofahrten nötig sind, um von Ort A nach Ort B zu kommen. An jenem Tag saß ich schon viele Stunden hinter dem Lenkrad und war hundemüde. Zwischendurch legte ich zwar immer wieder Stopps ein um zu fotografieren, die vorbeiziehende Landschaft präsentierte sich wunderschön, aber gleichermaßen auch eintönig: Wald – See, See – Wald, Wald – See, und das viele hundert Kilometer. Dazu kam noch die absolute Stille und Einsamkeit. Es war schon ein wenig beklemmend, mitten im Wald sein Zelt aufzuschlagen und zu wissen, dass im Umkreis von Dutzenden Kilometern keine Menschenseele verweilt, höchstens ein paar Braunbärseelen, oder Wolfseelen, oder Elchseelen, oder Wildschweinseelen. Dieser Gedanke manifestierte sich im Gehirn, aber die Chance, dass ein ungewolltes Rendezvous zur Realität wurde, war trotzdem sehr, sehr gering. Gottseidank! Wenigstens wurde es nicht Dunkel in diesen Breitengraden, das hielt die schauerlichen Phantasien in Schranken. Ich war also auf der Suche nach einem geeigneten Zeltplatz. Der schmale Waldpfad führte an das Ufer eines Sees. So um 23.oo Uhr schlug ich mein Zelt auf, bereitete mein Abendessen (Konserve) zu und genoss eine Dose Märzenbier, welches ich von zuhause mitgenommen hatte. Unweit von meinem Zeltplatz lag eine kleine Farm. Also, zumindest in dieser Nacht waren Menschenseelen in der Nähe. Das Licht wurde immer weicher und wärmer – ideale Bedingungen für ein Panorama. Es war relativ einfach. Stativ aufstellen – Kamera drauf – auslösen – fertig. Keine besonderen Einstellungen, keine Belichtungskorrekturen, keine Filter, kein Schnickschnack. Nächsten Morgen erhielt ich Besuch vom Bauern. Er machte mich darauf aufmerksam, dass ich auf seiner Wiese campierte. Ich entschuldigte mich, aber er winkte ab. „Macht nichts, hier kommt höchstens einmal die Woche der Postbote vorbei, ansonsten habe ich niemanden zum Plaudern, höchstens meine Frau, aber die weiß auch keine Neuigkeiten.“ Also plauderten wir … mindestens eine Stunde lang, bei einer Tasse Instantkaffee. Er erzählte mir einiges über das Leben in Finnland allgemein, aber vor allem über das Farmerleben. Das war gut, das konnte ich verwerten in meiner GLOBAL-VISION „Nordland“. Dann zog ich weiter mit Auto, Zelt und Fotoausrüstung bis zum nächsten Nachtlager, irgendwo dort draußen in den unendlichen Wäldern Finnlands.
Irgendwo hatte ich in einem Kalender ein Bild gesehen, dass mich besonders ansprach. In der Bildunterschrift war zu lesen: Schafkogelsee/Hinterstoder/Austria. Das war eigentlich gar nicht so weit weg von mir, gerade einmal 80 km auf der Bundesstraße und 96 km auf der Autobahn … lt. Navi. Mitte Juli hatte ich dann Zeit für diesen Ausflug. Es war ein herrlicher Morgen. Ich schlüpfte in die Motorradkombi, schnappte den Helm und schwang mich auf mein Bike – eine ‚BMW Scarver‘. Mit an Bord im Topcase war die Sony Alpha 6000 mit dem Objektiv SEL 16-200 mm, eine leichte Kamera-Linsen-Kombi für alle Gelegenheiten. Für die Fahrt wählte ich die Bundesstraße, ich vermeide nämlich, wann immer es geht, Autobahnfahrten mit dem Motorrad. Autobahnfahrten sind nicht nur langweilig, sondern beim heutigen Verkehrsaufkommen, speziell mit schweren LKWs, die manchmal in regelrechten Kolonnen fahren und dann von hinten die BMWs, Audis und Mercedes teilweise mit 160 km/h auf der Überholspur daherbrausen, einfach zu gefährlich. Klar könnte ich auch 160 fahren, aber erstens ist es illegal und zweitens will ich das auch nicht. Die ‚Scarver‘ ist kein Motorrad zum ‚hobeln‘ sondern eines zum surfen – zum surven durch die Landschaft und dabei stehe ich in vollem Genuss. Also ging es in gemütlichem Tempo über Gmunden, Scharnstein, Steinbach am Ziehberg, Micheldorf nach Hinterstoder. Kurz vor Hinterstoder zweigt die mautpflichtige Bergstraße ab, hinauf auf die Hutterer-Höß. Im Winter ist das ein Skiparadies, für Naturliebhaber im Sommer auch ein Wanderparadies. Gerade einmal drei Euro fünfzig wollten sie für mich und mein Motorrad an Maut haben – das war leistbar. Als Alternative hätte sich die Fahrt zum Schafkogelsee mit der Gondelbahn, um zwanzig Euro angeboten – das war mir zu teuer. Auf der ‚Höß‘ war aber dann Schluss mit dem Serpentinenspaß. Ich stellte mein ‚Eisen‘ ab, verstaute Helm und Jacke im Topcase und wanderte zur Talstation des relativ kurzen Sessellifts. Der sollte mich den letzten Hang hinauf bringen. Aber für dieses Teilstück wollten die Liftbetreiber ebenfalls zwanzig Euronen haben, also genau so viel wie von ganz unten nach ganz oben. Das war in meinen Augen Abzocke und ich gab das auch protestmäßig von mir. Nein, ausnehmen lasse ich mich nicht, also Kamera geschultert, war ja nur ein leichtes Modell, und ab zum Marsch. Die einstündige Wanderung war ein Genuss. Es ging nur mäßig bergan und der Pfad führte durch herrliche alpine Landschaften, voll mit Almrosenbeeten, Enzianblüten und Paragleitern am Himmel. Nach einer Stunde hatte ich den Schafkogelsee erreicht. Das Panorama war perfekt. Blauer Himmel, über den Bergen leichte Bewölkung und ein atemberaubendes Panorama hinüber zum ‚Toten Gebirge‘ mit seinem 2.515 Meter hohen ‚Großen Priel.‘ Den ganzen Tag verweilte ich oben, wanderte kurze Strecken oder setzte mich auf einen Stein und genoss die Aussicht und die Ruhe. Am Rückweg legte ich in Hinterstoder noch eine Pause ein, schlürfte einen ‚Verlängerten‘ und war einfach nur seelig. Es war ein gelungener Foto-Motorradausflug.
Der fünfte Kontinent ‚Australien‘ öffnete sich mir sowohl im Sommer wie auch im Winter. Ich habe geschwitzt wie ein Firmgöd und gefroren wie ein Schneider. Aber immer wenn ich am Fuße des Uluru stand, überkam mich neben dem Staunen über die Vielfalt der Natur, auch eine gewisse Ehrfurcht. Ich verwende statt des geläufigeren Namen ‚Ayers Rock‘ lieber den Namen Uluru. Er ist jener, den die Aborigines dem gewaltigen Monolithen verliehen haben. Als wichtiger spiritueller Anker war er relevant für die Traumzeit, also jener Zeit vor dem Erscheinen der Menschen auf Erden. In Wirklichkeit umfasst der Begriff Traumzeit eine viel breitere Basis des Naturglaubens der Aborigines. Außerdem klingt der Name Uluru in meinen Ohren besser.  Es war Ehrfurcht vor der Schöpfung, Ehrfurcht vor der Kultur der Eingeborenen, die den 350 Meter hohen roten Felsrücken schon lange vor den Weißen entdeckt hatten - und der für sie heilig ist. Im Gebiet rund um den Berg leben seit mehr als 10.000 Jahren die Anangu, ein Stamm der Aborigines. 1873 entdeckte ihn William Gosse als erster Europäer und benannte ihn nach dem seinerzeitigen südaustralischen Premierminister Henry Ayers. Weitere Expeditionen folgten mit dem Ziel, das Gebiet für die Landwirtschaft zu erschließen. Sie kamen allerdings zu dem Ergebnis, dass es dafür ungeeignet sei. Wie denn auch, lag doch der Uluru inmitten einer ausgedehnten, roten, im Sommer glutheißen Wüste. Außer Eukalyptusbäume und einige andere umweltangepasste Pflanzen kann hier kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm überleben - obwohl gerade zur Winterzeit, Regen im Uluru-Nationalpark, gar nicht so selten fällt.
Über den Uluru berichten Aborigines folgende Entstehungsgeschichte: Auf der Sonnenseite wohnten die Mala - die Hasenkänguru-Menschen, auf der Schattenseite die Kunia - die Teppichschlangen-Menschen, in Harmonie miteinander. Die weiter entfernten Windulka luden die Mala zu einer Feier ein, doch die Mala sagten ab. Sie wollten selbst eine Feier durchführen und die Kunia nahmen gerne an, verliebten sich aber bei ihrer Anreise in die blauzüngige Tannenzapfenechse, worauf sie nicht mehr weiterreisten. Daraufhin wurden sie durch eine bösartige Kulpunya bestraft - einen Hund mit riesigen Zähnen und ohne Haare. Aber auch die Mala wurden durch die Giftschlangen-Menschen bestraft. In der fürchterlichen Schlacht mit Toten, Schwerverletzten und Feuer bebte die Erde und der Ulu?u hob sich aus der damals ebenen Erde hervor. Die Geister der Mala und Kunia wurden zu Stein.
Die Wissenschaft hat natürlich eine andere Geschichte parat, aber die ist viel langweiliger und in ihrem Inhalt nur für Geologen verständlich. Obwohl ich auch in dieser Hinsicht viel über den Monolithen gelesen habe, der wie ein Eisberg, nur mit seiner Spitze über die Erdoberfläche hinausragt und sich noch tief in das Erdinnere fortsetzt, erspare ich uns den trockenen Stoff.
Ich stehe in einer Entfernung von etwa sechs Kilometer zum Uluru, habe die Noblex 150 N, die mit Ektachrome-100-Film geladen ist auf das Gitzo-Stativ gestellt und messe regelmäßig mit dem Minolta Handbelichtungsmesser und angesetzten Spotvorsatz das Licht. Regelmäßig deswegen, weil ich ganze drei Stunden auf das passende Licht warten musste. Schließlich löste ich aus und ließ die Trommel mit einer fünfzehntel Sekunde rotieren. Die Landschaft wird so gescannt und auf den Mittelformatfilm belichtet. Es ergaben sich Dias, die 6 cm hoch und 12 cm breit waren. Ob die Aufnahmen aber etwas geworden sind, erfuhr ich erst nach vielen Wochen zu Hause nach der Entwicklung. Und das machte die Diafotografie auch so spannend.